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LinuxNetMag #5
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Ein Windows-Desktop sieht immer gleich aus. Auch wenn man noch so ungewöhnliche Themes installiert,
vom Prinzip läßt sich jeder Windows-Rechner auf die gleiche Weise bedienen,
egal was für Themes man installiert hat...
Linux verfolgt mal wieder eine andere Philosophie im Punkto "grafische
Oberfläche".
Vielfalt ist angesagt!
Die grafische Oberfläche teilt sich auf in X-Server, X-Clients, Windowmanager
und seit neuestem auch Desktops (hierunter versteht man aber etwas anderes
als unter Windows).
Der X-Server wird vom PC (oder auch grafischer Terminal-Station) zur
Verfügung gestellt, an dem man gerade arbeitet. Ein X-Server ist noch
nichts weiter als der in schwarz-weißem-Schachbrettmuster gepunkteter
Hintergrund, den man kurz beim Starten der grafischen Oberfläche zu sehen
bekommt. Der X-Server ist für die grafische Darstellung zuständig und
stellt die Kommunikation zwischen der Hardware (speziell Grafikkarte) und Software
(den X-Programmen) her.
Mit einem X-Server alleine kann man aber noch nicht arbeiten.
Er stellt weder Menüs, noch Fenster oder sonstige nützliche Funktionen zur
Verfügung, auf die man nicht verzichten kann.
Zum Arbeiten benötigt man grafische Programme, die sogenannten X-Clients.
Diese Clients benutzen die im X-Server eingebauten Routinen zum Darstellen von
Grafiken bzw. grafischen Oberflächen.
Wenn also ein X-Term auf dem Monitor zu sehen ist, so handelt es sich hierbei
um einen X-Client.
Die Kommunikation zwischen Client und Server funktioniert übers Netz. Daher
kann ein X-Client auf einem beliebigen Rechner im Netz gestartet und
auf einem weiteren Rechner dargestellt werden (Auf diese Weise funktionieren
Terminals, bei denen auf dem leistungsstarken Server das Programm gestartet
und auf dem nur minimal ausgestatteten Terminal dargestellt wird).
Selbst dann, wenn man keine Netzwerkkarte besitzt, funktioniert die
Kommunikation übers Netz, nämlich über die Pseudo-Netzwerkkarte
"Loopback" (auch Dummy-Device genannt).
Aber X-Server und Client reichen noch nicht aus zum Arbeiten.
Nützliche Funktionen, wie "Fenster maximieren", "Fenster minimieren",
"Fenster schließen" und sonstiges, was einem die Arbeit vereinfacht, sind nicht
Bestand des Servers oder Clients, sondern müssen von einem Windowmanager
gestellt werden.
Früher gab es nur diese drei Komponenten, welche man zum Arbeiten an der grafischen
Oberfläche benutzt hat. Seit ca. zwei Jahren ist nun aber etwas weiteres
hinzugekommen: der Desktop.
Man darf ruhig zugeben, daß man hier vom Konkurrenten WINDOWS abgekupfert hat.
Der Desktop bietet einem nämlich die Möglichkeit, Icons und Dateien auf dem
Hintergrund abzulegen und bei Bedarf mit einem Doppelklick Programme
zu starten.
Zwar gab es auch schon früher unter Linux Icons (z.B. beim Minimieren von
Fenstern unter FVWM), die Möglichkeiten waren aber bei weitem nicht so ausgeprägt,
wie man sie von Windows kennt.
Wollte man auch unter Linux kleine Bildchen haben, die man anklicken kann, um ein
Programm zu starten, war man gezwungen, Button-Leisten zu benutzen (diese sind
am ehesten vergleichbar mit der Start-Leiste unter WINDOWS).
Seit KDE kommt nun auch ein Desktop unter Linux zum Einsatz und wird vom
Programm KFM bereitgestellt, bzw. unter GNOME vom Gnome-Dateimanager.
Beide Programme sind auch mit einem beliebigen anderen Windowmanager einsetzbar, so
daß auch dort die Vorzüge eines Desktops zu nutzen sind, wenn man will.
KDE ist folglich nicht nur ein Windowmanager (dies ist genau genommen nur
KWM), sondern stellt zusätzlich auch einen Desktop bereit.
Man sollte schon den feinen Unterschied beachten, da es sich hierbei um
zwei unabhängige Komponenten handelt, die allerdings über festgelegte Protokolle
miteinander kommunizieren können.
Es gibt eine Reihe an "alten" Windowmanagern, die allerdings immernoch zum Einsatz kommen,
speziell auf älteren Rechnern, da ihre Ansprüche an die Hardware sehr gering sind
oder sogar auf Terminals noch in akzeptabler Geschwindigkeit laufen.
FVWM/FVWM2
Einer der ersten Windowmanager für Linux war FVWM (Der Windowmanager ist nun
schon so alt, daß niemenad mehr genau weiß, wofür die Abkürzung
ursprünglich stand).
Der Nachfolger FVWM2 besitzt eine Reihe von Zusatzprogrammen, deren wichtigste
die Button-Leiste und die Darstellung der virtuellen Desktops sind.
Die Konfiguration erfolgt über eine Datei .fvwm2rc, welche recht
gewöhnungsbedürftig strukturiert ist.
Die Konfigurationsmöglichkeiten von FVWM2 sind sehr umfangreich, da die
Konfigurations-Datei eine eigene Skript-Sprache darstellt.
Homepage: www.fvwm.org
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MWM
MWM ist ein Windowmanager, der auf Motif beruft. Dieses kostenpflichtige Widget
kann man mittlerweile aber auch durch das leistungsfähige aber kostenfreie
Lesstif ersetzen, mit dem der Windowmanager auch problemlos zusammenarbeitet.
Motif hat den Ruf ressourcenschluckend und kaum konfigurierbar zu sein,
weshalb dieser Windowmanager sich nie durchgesetzt hat.
Homepage:www.lesstif.org
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TWM
TWM ist ein minimalistischer Windowmanager, der nur die rudimentärsten
Funktionen bietet, und deshalb auch auf sehr langsamen PCs eingesetzt wird,
oder in Notfällen als eine Rettungs-Oberfläche zum Einsatz kommt.
Homepage: http://linux.about.com/compute/linux/library/bltwm.htm
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CDE
CDE ist ein kostenpflichtiger Desktop, der besonders auf kommerziellen
Unix-Clones zum Einsatz kommt. Es war ursprünglich geplant, diesen
Windowmanager zum Standard zu erklären, damit auch unter Unix eine einheitliche
Arbeitsoberfläche existert.
CDE hat sich allerdings niemals derart weit verbreitet, daß es das gesteckte
Ziel erreicht hätte.
Homepage:http://www.opennc.org/tech/desktop/cde/
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Qvwm/fvwm95
Diese beiden Windowmanager versuchen, das Look-and-feel eines Windows-Desktops
zu bieten, erreichen dabei aber nicht annähernd dessen Funktionsumfang.
Beide sind nur für Windows-Umsteiger geeignet, um die Eingewöhnungsphase
an das neue Betriebssystem zu vereinfachen.
Homepage: www.qvwm.org
Homepage: ftp://mitac11.uia.ac.be/html-test/fvwm95.html
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Afterstep
Afterstep ist die Linux-Variante der beliebten Next-Step-Arbeitsumgebung,
die unter vielen kommerziellen Unix-Derivaten benutzt wird.
Afterstep ist ein sehr farbenfroh und robust aussehender Windowmanager,
der eine eigene Button-Leiste bereitstellt (Wharf), für die auch
viele Applikationen existieren (CPU-, Netzwerk-, Speicher-Monitor...),
so daß man auf allen Desktops immer über den Zustand seines Systems
informiert bleibt.
Afterstep erfreut sich in der Unix-Gemeinde auch heutzutage noch großer
Beliebtheit, wird aber immer stärker von seinem "Nachfolger" WindowMaker
ersetzt.
Homepage: http://www.afterstep.org |
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WindowMaker
Windowmaker soll speziell in optischen Dingen ein Nachfolger von Afterstep
werden. Es handelt sich aber nicht um eine Nachfolgeversion, sondern
um einen komplett neuen Ansatz.
Nach dem Motto "kleiner, schneller, bunter" wurde WindowMaker entwickelt, und
bietet daher eine Reihe optischer Finessen, ohne daß man auf Geschwindigkeit
verzichten müsste.
Die Oberfläche läßt sich nach Belieben an eingene Vorstellungen anpassen, behält
dabei aber immer das klassische Next-Step Design bei.
Trotz hohen Grafik-Anteils läßt sich WindowMaker auch auf langsamen
Rechnern noch gut einsetzen. Analog zum Wharf von Afterstep existieren
auch für den WindowMaker eine riesige Anzahl an sogenannten Dock-Apps.
(Siehe z.B. Ausgabe 2: WindowMaker und Gnome)
Wer am Aussehen des WindowMakers herumspielen möchte, findet unter
wm.themes.org bestimmt das Passende
für den eigenen Geschmack.
Besonders ausgereift ist die Unterstützung des WindowManagers für Gnome-
und/oder KDE-Programmen.
Homepage: http://www.windowmaker.org |
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Enlightenment
Enlightenment ist das absolute Muß für alle Design-Fanatiker. Dieser
Windowmanager setzt keinerlei Wert auf Kompaktheit oder Geschwindigkeit,
sondern versucht stattdessen das letzte an Möglichkeiten aus der Grafikkarte
herauszukitzeln.
Kein anderer Windowmanager besitzt einen vergleichbaren Umfang an grafischen
Spielereien. Deshalb ist Enlightenment auch nur auf schnellen Rechnern
(ca. ab PII und einer Grafikkarte mit 8 MB Ram) zu empfehlen.
Mittlerweile gibt es auch für Enlightenment eine Fülle von Themes
(erhältlich unter e.themes.org),
wobei es unter Enlightenment möglich ist, das Aussehen des Windowmanagers
derart zu ändern, daß man ihn nicht mehr wiedererkennt.
So gibt es z.B. Themes, die komplett das Look-and-Feel von BeOS, MacOs oder sogar
der Star-Trek-Konsole nachahmen können. Daß im Hintergrund immer noch der selbe
Windowmanager arbeitet, läßt sich zumeist nur erahnen.
Aber nicht alle Themes versuchen, ein anderes Betriebssystem nachzueifern,
stattdessen gibt es viele Themes, die den Desktop derart durchdesignt erscheinen
lassen, daß die Arbeitsoberfläche eher wie ein Kunstwerk aussieht.
Auch für Einlightenment existieren eine Reihe von Programmen, die auf
der Oberfläche eine Reihe an nützlichen Informationen präsentieren,
sogenannte Epplets.
Homepage: http://www.enlightenment.org/ |
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Mit dieser Auflistung sind wir noch lange nicht fertig. Es gibt noch viele
weitere Windowmanager, die sich zumeist an spezielle Zielgruppen richten, und
nicht auf die breite Masse an Anwendern ausgerichtet sind.
Trotzdem wollen wir einen Teil dieser Programme kurz vorstellen.
amiwm
Bei Ami-WM handelt es sich um einen Clone der bekannten Amiga Oberfläche
(Amiga Workbench 3.x).
Diese sehr schlichte aber effiziente Arbeitsoberfläche wirkt heutezutage
leicht angestaubt, ist aber für (noch oder ehemalige) Amiga-Fans bestimmt
ein Genuß für das Auge.
Leider fehlen dem Windowmanager sämtliche kleinen Helferchen, die einem die
Arbeit mit AmiWM erleichtern könnten (sog. Dock-Apps).
Homepage: http://www.lysator.liu.se/~marcus/amiwm.html
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Sapphire

Sapphire ist ein kleiner Windowmanager, der auch auf langsamen Rechnern noch sehr
schnell läuft und trotzdem nicht auf kleinere Features verzichtet.
Die Programmiersprache von Sapphire ist mittlerweile von C auf C++ umgestellt,
was in der Linux-Gemeinde eigentlich recht ungewöhnlich ist.
Sapphire ist eine Weiterentwicklung des Aewm (Astetic Window Manager) besitzt
aber auch einige Programmteile vom Blackbox-Windowmanager.
Homepage:sapphire.sourceforge.net/
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Sawmill

Sawmill zeichnet sich durch seine unendlichen Konfigurationsmöglichkeiten aus.
Sämtliche Fenster-Dekorationen und User-Interfaces lassen sich komplett über
die Skriptsprache Lisp konfigurieren und sich somit an alle denkbaren
Wünsche anpassen.
Ansonsten konzentriert sich der Windowmanager nur auf die Darstellung von Fenstern
und Menüs. Icons, Hintergrundbilder und Applikations-Docks sind nicht Bestandteil
von Sawmill, sondern müssen über zusätzliche Programme gestellt werden.
Mittlerweile gibt es auch für Sawmill ein GTK-Konfigurationsprogramm, was die
Anpassung des Windowmanagers an eigene Wünsche stark vereinfacht.
Homepage:http://www.dcs.warwick.ac.uk/~john/sw/sawmill/
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Twin
Twin ist zwar auch irgendwie ein Windowmanager, unterscheidet sich aber von den
anderen hier vorgestellten Programmen ganz entscheidend.
Es handelt sich bei Twin nämlich um einen Windowmanager für die Textkonsole und läßt sich
komfortable mit der Maus bedienen.
Fenster und Menüs werden mit Hilfe von ANSI-Zeichen dargestellt,
allerdings kann man in diesem Windowmanager nicht jedes beliebige X-Programm
starten, sondern nur speziell an Twin angepaßte Versionen (davon existieren
aber bereits schon einige, z.B. eine CPU-Anzeige und ein CD-Player).
Der Einsatzbereich für Twin ist sehr umfangreich, da es sich auch auf PCs ohne
größere Grafikfahigkeiten einsetzten läßt.
Als Ersatz für einen "richtigen" Windowmanager ist Twin allerdings nicht
zu gebrauchen.
Homepage:
http://linuz.sns.it/~max/twin/
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Blackbox

Blackbox wurde nur mit einem Ziel entwickelt: Schnelligkeit. Trotzdem sieht
der Windowmanager recht ansprechend aus.
Blackbox ist besonders bei KDE-Benutzern beliebt, da er sehr gut mit den
KDE-Applikationen zusammenarbeiten kann.
Eine Unterstützung für Gnome ist hingegen noch nicht implementiert.
Homepage:
http://blackbox.alug.org/
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XFCE3

XFCE3 basiert auf GTK+ und bietet eine recht ansprechende Oberfläche.
Zusätzlich bietet XFCE eine Reihe von zusätzlichen Applikationen, welche
die Arbeit am Desktop vereinfachen.
Neben einem Panel, File-Manager und Background-Manager werden viele
andere Programme mitgeliefert.
Homepage: http://www.xfce.org/
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IceWM

Auch IceWM ist ein auf Geschwindigkeit getrimmter Windowmanager, der
schon defaultmäßig mit sinnvollen Einstellungen kommt und somit keinerlei
umfangreiche Konfigurationen benötigt.
Zusätzlich läßt sich der Windowmanager auch ohne Maus bedienen und bietet
Unterstützung für Themes.
Homepage: icewm.sourceforge.net
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Eine umfangreiche und ständig aktuelle Liste vieler Windowmanager finden Sie
in der Window-Manager-Rubrik von Freshmeat:
http://www.freshmeat.net/appindex/x11/window%20managers.html
Platz für Kommentare & Fragen:
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-ICEWM, Nische ? - 6.7, Gernot Tenchio
-RE: ICEWM, Nische ? - 6.7, Ronny Ziegler
-RE: ICEWM, Nische ? - 9.7, Gernot Tenchio
-Xfce - 22.7., Bert Morio
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